jp3 - Atelier fuer Gestaltung - Bauen, Wohnen, Kultur, Grafik Design und Architektur
Vortragsskript von Dagmar Jäger für die
Bergbaukonferenz_2000 in der Lausitz, initiiert von der
IBA_Fürst-Pückler-Land_GmbH
Mitarbeit: Christian Pieper
 
   
Zeich(n)en im Kontext
 
Prolog
Potenziale eines imaginären Ortes
 
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Abb.1_Berliner Dame
Abb.1 Berliner Dame
 

Der Blick in das Gesicht dieser alten Dame erlaubt uns einen Blick in den tiefen Abdruck menschlicher Erfahrung. Zur menschlichen Natur gehört es, die Erkenntnisse vorheriger Generationen zu ignorieren und seine eigenen Erfahrungen zu machen.
Das Los kultureller Zeugnisse scheint zu sein, zerstört, vergraben und vergessen zu werden, um erst sehr viel später wiederentdeckt zu werden.

Das Bewußtsein, das Vorhandene als Chance zu entdecken, kann dann entstehen, wenn in den Köpfen der Handelnden eine Neuinterpretation des Altbekannten stattgefunden hat. Die Zeit zurückdrehen zu wollen, einem heimeligen Landschaftsbild entgegen, muß in der Banalisierung scheitern.

Die Kraft der Zerstörung prägt das heutige Bild der Tagebaulandschaft. Im gestaltenden Umgang mit dieser Kraft entstehen einmalige Möglichkeiten der Neubewertung aus der Konfrontation der Zerstörung mit der romantischen Landschaftsidee. Dabei werden Selbstheilungskräfte aktiviert, Schichten sichtbar gemacht und Brüche als Qualität erkennbar verarbeitet.

Dies erfordert eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Ort. Die Bestimmung seiner Etymologie genauso wie die der Phänomene prägt die Suche nach dem Genius loci1 und seinen Potenzialen. Impulse von außen sind dabei immer wieder notwendig, um nicht im starren Blick des Gewohnten gefangen zu sein. Die den Ort charakterisierenden Erfahrungen sind Ausgangspunkt zur Gestaltung im Transformationsprozeß.

Mit Schichten arbeiten heißt, die Ablesbarkeit der historischen und physischen Eigenschaften zu erhalten und ermöglicht die Anknüpfung an die strukturellen Eigenarten und Wahrheiten des Ortes. Die Brüche und Elemente des Ortes bieten reichhaltige Möglichkeiten für die Architektur und Landschaftsplanung, Bezüge kontextuell2 aufzunehmen, zu reagieren oder sich konfrontativ entgegenzustellen.

 
 
       
Inhalt
   
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      1_Genius loci: in der Architektur die einem Ort innewohnende Kraft, die einen Ausdruck seiner Topographie genauso wie seiner Erfahrungen, d.h. der Ereignisse, die ihn im Gedächtnis der Menschen geprägt haben, bildet. Dabei wird der Ort als aktiv wirksam_betrachtet.
2_Der Ortsbezug und damit die Interpretation des Ortes ist in der Architektur unbestritten neben der Typologie eines der Hauptgestaltungskriterien – siehe Tomas Valená in: Beziehungen, ab S. 16