jp3 - Atelier fuer Gestaltung - Bauen, Wohnen, Kultur, Grafik Design und Architektur
Vortragsskript von Dagmar Jäger für die
Bergbaukonferenz_2000 in der Lausitz, initiiert von der
IBA_Fürst-Pückler-Land_GmBH
Mitarbeit: Christian Pieper
 
   
Zeich(n)en im Kontext
 
Wahrnehmung und Bedeutung
Potenziale eines imaginären Ortes
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Abb.2_Sierra Nevada, Ansel Adams
Abb.2 Sierra Nevada, Ansel Adams


Abb.3_ Nebelschwaden im Tagebau Welzow Süd
Abb.3 Nebelschwaden im Tagebau Welzow Süd

 

Der Blickwandel auf das ”Bekannte” wird durch Interpretation verursacht.

”Der liebe Gott hat die Lausitz geschaffen und der Teufel hat die Kohle darunter gelegt”3 sagen Einheimische. Noch heute wird die Industrielandschaft der Niederlausitz in ihrer ästhetischen Qualität vor allem als zerstörte Landschaft empfunden. Die Ursache liegt in einem tradierten Wahrnehmungsmuster zum Landschaftsbegriff. Die ästhetische Dimension4 des Landschaftsbegriffes ist auf mentalitätsgeschichtliche Prozesse5 zurückzuführen. Dies läßt sich gut am Beispiel der Wahrnehmung von alpiner Berglandschaft erläutern. Die Schönheit der Alpen ist heute für uns unbestrittenes Kulturgut. Die Alpenlandschaft wurde noch im 17. Jahrhundert als ”..Auswüchse und Warzen auf dem Antlitz der Erde”6 verdammt. Dies deutet die Dimension von veränderlichen Schönheitsbegriffen durch Wahrnehmungsvorgänge an.

Die Veränderung der Sichtweise und Entdeckung der ”natürlichen” Berglandschaft als besonders attraktive Landschaft wurde im wesentlichen durch die romantische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts wie z.B. durch Werke von Caspar David Friedrichs verursacht, die man auch als Gegenbewegung zur Aufklärung und Industrialisierung verstehen kann. ”Hundert Jahre später ragen sie als natürliche Kathedralen auf.”7 Die Sensibilisierung und neue Wahrnehmung von Natur wirkte sich auf eine Wiederbelebung der Kontextualität in der Architektur aus.8

Die Sanierung der Bergbaufolgelandschaft wird auch als Wiedergutmachung nach der Kohle bezeichnet und findet gestalterisch akzeptierte Prämissen vor allem in Leitbildern ”vor der Kohle”, z.B. mit den romantisierenden und historisierenden Bildern der bäuerlichen Kulturlandschaft sorbischer Prägung oder auch der Seenlandschaft. Die Vorbilder sind die romantischen, englischen Landschaftsgärten, die durch Fürst Pückler zum Begriff einer die Lausitz prägenden Tradition geworden sind.9 Diese Leitbilder sind im Hinblick auf die Ablösung der Industrialisierung äußerst fragwürdig.

 
 
 
 
 
 
 
Inhalt
   
 
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      3_Rolf Kuhn in: Bergbaufolgelandschaft, Jahrbuch 1998, S.99
4_Hier insbesondere die Rezeptionsästhetik, d.h. die sinnliche Wahrnehmung im Hinblick auf die Bedingungen und Formen, die die Erkenntnis prägen;
5_Die Mentalitätsgeschichte, von M.Bloch und L.Febvre entwickelt, berücksichtigt zur Bewertung eines Forschungsgegenstandes vor allem die durch ein ”Alltagswissen” geprägten Denkmuster.
6_Manfred Schneckenburger in: Kunst setzt Zeichen, S. 6

7_Manfred Schneckenburger in: Kunst setzt Zeichen, S. 6

8_Tomas Valená in : Beziehungen, ab S. 106
9_In: Skizzen aus der Lausitz, ab S. 140