Runde_2 : Fragen zur vorhergehenden Arbeit
2.7 von Barbara Herbert :
Teppichstück »Explosion
II«
Fotocollage, C-print auf Aluminiumplatte,
121 x 218 cm, bemalter Hocker und CD Player, 2006
Dagmar Jäger: Zum Inhalt der Arbeit:
Die Arbeit erzählt
auf vielschichtigen Ebenen und Erzählsträngen
von der Frau, der Weiblichkeit, der Ver- und Enthüllung,
polarisiert Lebenskonzepte zu Körper und Wissen – für
mich dominiert die Verhüllungs- und Wissensthematik in den
herausgestellten Elementen. Gab es einen Auslöser
für diese Auseinandersetzung? Barbara Herbert: Ja,
es gibt viele Auslöser. Sie liegen tief verborgen
in unserer weiblichen Geschichte und die Auseinandersetzung damit.
Das Bewusstsein – die Herkunft und die Erkenntnis
spielen bei dem Teppichstück »
Explosion« eine wesentliche Rolle. Dagmar
Jäger: Zur
Arbeitsweise: In welcher Zeitspanne ist die Arbeit und vor allem
die Materialfülle entstanden, was war da wichtig? Barbara
Herbert: Das Material habe ich aus vielen
Jahren gesammelt. Es sind inszenierte
Fotos, Reisefotos,
Dokumentationsfotos,
abfotografierte Journale... etc. Die Materialfülle
ist nochmals durch das auseinanderschneiden und wieder zusammensetzen
entstanden. Der radikale Formulierung
zum Thema Frau-Weiblichkeit-Gesellschaft
war mir wichtig. Dagmar Jäger: Zum
Spiel: Wie hast du auf die Vorgängerin
reagieren können? Was war dein Reaktionsansatz
und ist es Dir leicht gefallen, auf eine andere Arbeit zu reagieren
und wie steht es in Relation zu Deiner sonstigen Arbeitsweise?
Barbara Herbert: Die Reaktion auf die
Arbeit meiner Vorgängerin fiel mir
nicht einfach. Ich entschied mich für die Bewegung. Der
Fototeppich animiert zu einem eigenen Rhythmus des Betrachters.
Er kann um
den Teppich laufen. Die Auseinandersetzung mit der
Außenwelt ist notwendig. Das
Künstlerische liegt in der Freiheit. |
Runde_2 : Fragen zur
Arbeit 2.8 von Dagmar Jäger_jp3:
Alice in der Stadt
Fotocollage auf Papier 11 x 22 cm in französischer
Feldtelefonkiste aus Holz, Bein einer Barbiepuppe in
Seegras, 2006
Vera Franke: Welche Thematik
verbirgt sich in der geheimnisvollen Collage? Dagmar
Jäger: Weibliche Fundstücke
im städtischen Kontext. Trauer.
Vera Franke: Was bedeuten die
Häuser, der Hund im
Mäntelchen
und die Sumo-Ringer? Dagmar
Jäger: Häuser:
Verortung; Hund: Elend; Sumos: Weisheit; Vera
Franke: Um welche Alice geht es hier?
Dagmar Jäger: Alice
in den Städten... |
Runde_1 : Fragen zur vorhergehenden
Arbeit 1.9 Sandra Becker 01:
Sprungbrett
Objekt auf Sockel 30 x 30
Foto auf Leinwand 30 x 20, 2006
Dagmar Jäger: Springen
die Schafe in den Abgrund? Sandra Becker 01:
Nein, sie springen zu neuen Ufern.
Für
große Ziele müssen oft neue Ufer
angesteuert werden, was mit einem Risiko verbunden ist.
Dagmar Jäger: Welche Assoziationen
verbindest du mit dem Sprungbrett? Sandra Becker
01: Ein Sprungbrett
beinhaltet eine gewisse Federung, die zu großen
oder kleinen Sprüngen führt. Die Sprungkraft
wird angehoben und beschleunigt, ähnlich wie berufliche
Rahmenbedingungen bestimmte Prozesse beschleunigen können.
Dagmar Jäger: Welche Beziehung
hast du zu Schafen? Sandra Becker 01: Schafe
bieten wichtige Ressourcen wie
beispielsweise Wolle. Mit den Ressourcen sollten wir
behutsam umgehen. Ihre Herzklappen werden wahrscheinlich
bald für uns Menschen eingesetzt, da sie einen hohen
Kalziumstoffwechsel haben. Das Schaf Dolly war der erste
durch Klonen erzeugte Organismus: Ein Schaf ohne Vater
und mit drei Müttern. |
Runde_1 : Fragen zur
Arbeit 1.10 von Dagmar Jäger_jp3:
Alice und ihre Schwestern
Fotocollage, Textildruck, 65 x 43 cm im Holzrahmen, 2006
Kirsten Reese: Wer ist Alice?
Dagmar Jäger: 01 Alice
betrachtet die Welt – eine Träne hinterlässt
die Spur des Vergessens; 02 Alice erwacht - Leere ohne
Halt - Alice sucht ihre Schwestern. |
Runde_2 : Fragen zur vorhergehenden
Arbeit 3.10 Elvira Hufschmid:
Schlaflieder mit geschlossenen Augen
9 Zeichnungen, Graphit auf Papier
12 x 20 cm, 2006
Dagmar Jäger: Wie träumt
es sich mit der Hand beim Zeichnen? Elvira Hufschmid: Die
Hand ist nur der
»
Zeiger«, mein Körper das Messgerät. Es
geht um die Frage, ob Klänge Bilder im Geist auslösen
können.
Und wenn ja, in welcher Form können sie »festgehalten« werden?
Die Hand versucht ohne Kontrolle Linien nach diesen Bildern
zu ziehen. Bilder entstehen mit Augen zu und ändern
ihre Form je nach Klang. Um sicherzustellen, dass nicht
andere Faktoren das Bild beeinflussen, wende ich eine
Technik an, die manche aus der Meditation kennen: Sich
innerlich leer machen, sich von Gedanken verabschieden,
um einen Zustand zu erreichen, in dem nicht gedacht wird.
Dann kann man Bilder kommen lassen anstatt Gedanken.
Da Gedanken und innere Bilder eine Flüchtigkeit
besitzen, können
sie nur skizzenhaft festgehalten werden. Es ist als wollte
man Einzelbilder aus einem Film (25 Bilder pro Sekunde)
herausgreifen. Dagmar Jäger: Wie
war der Dialog deiner inneren Bilder mit dem Klang der
Schlaflieder?
Elvira Hufschmid: Da die Bilder
flüchtig sind, d.
h. in ständiger Fluktuation wie vibrierende Fernsehbilder,
bewegen sie sich in anderer Richtungen ja nach Klang.
Die Hand kommt kaum nach. Ein Zusammenhang zwischen Klang
und Bildern ist in gewisser Hinsicht bedeutungslos. Die
Bilder erzählen nichts, übermitteln keine Botschaft
außer
die der Resonanz von Sinneswahrnehmung. Dagmar
Jäger: Warst Du von Dir selbst überrascht? Elvira
Hufschmid: Es ist eine Anspannung
und Neugierde darüber, was
passieren wird. Welche Bilder erzeugt werden und ob ich
sie festhalten kann. Wenn ich die Aufzeichnungen wie
die Ergebnisse eines Seismographen sehen kann, dann dienen
sie in bestimmter Hinsicht Forschungszwecken, die allerdings
bisher noch keine allgemeingültige Aussage zulassen. |
Runde_2 : Fragen zur
Arbeit 3.11 Dagmar Jäger_jp3:
Alice träumt – Elfentagebuch
in neun Teilen
1. Buch: Elfenauftakt, 2. Buch:
StillePost Spiel & Club,
3. Buch: Elfenaffairen, 4. Buch: Spielregeln,
5. Buch: Weitergestrickt, 6. Buch: Alice im Gespräch,
7. Buch: Elfen in Aufruhr, 8. Buch: Selbsterfindung,
9
Buch: Finale & Wie alles begann.
E-mails von 327 Elfentagen in 9
Büchern auf 762
Seiten, Einband: Fotocollage auf Textil und Filz, 2006
Barbara Herbert: Ist das Geheimnis
Teil des Spiels? Dagmar
Jäger: Imagination
ist wesentlicher Bestandteil des Spiels. Für das Subjekt ist sie
unendlicher Raum. »Stille Post« spielt das
Geheime öffentlich,
das Geheimnis ist das Spiel. Parallel zur geheimen Weitergabe
der Werke, entwickelt sich automatisch ein Prozess des
Austausches, der im Unsichtbaren bleibt – er ist
nicht materialisiert, bleibt in seiner Länge
und in seinen Gesprächsinhalten virtuell und nur
für die
am Gespräch Beteiligten einsehbar. Die Koordination
im Geheimen verursacht vielfältige Erzählstränge
und Beziehungsebenen. Barbara Herbert: Kommunizieren
Frauen anders im Spiel? Dagmar
Jäger: Durch
den Austausch im Geheimen werden Freiräume eröffnet.
Das Spiel gibt die Regeln vor, doch liegt in der Interpretation
die Freiheit des Spiels. Für die Kommunikation im
Geheimen heißt es, das es zwischen den Spielerinnen
eine Entwicklung gibt, die sich in ihren Kommunikationsstrukturen
ausdrückt. Das Wesen der Person kommt in dieser
Intimität
zum Vorschein, die Einzelne offenbart sich. Barbara
Herbert: Die Elfenbücher
sind geschlossen, nicht einsehbar, was bedeutet für
dich Geheimnis im Verhältnis zum Textinhalt? Dagmar
Jäger: Die Elfentagebücher bilden den virtuellen Gesprächsstoff
von 327 Tagen ab, jedoch nur die Erzählstränge,
an denen ich beteiligt war. Neun Zäsuren des Inhaltes
gewähren einen jeweils einzigen Fokus in
das Elfentagebuch von außen, um die Wissbegier
der anderen anzustacheln. Die Intimität des Tagebuches
erlaubt es der Autorin, sich zu offenbaren, ohne die
Reaktion der potentiellen Leser berücksichtigen
zu müssen.
Der Sinn des Tagebuches liegt in sich selbst. |
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